Beitragesbild: Bürgerscholle Belo Monte (1)
Pflanzenmaterial, Erde, Fundstücke Acryl auf GFK, 100x100x10-20 cm, Betty Beier (2016)
Fundort der Abnahme und Datum: Regenwald bei Altamira (Para), Brasilien, 23.06.2014: S 03°17.608, W 052°13.495
Abnahme in Altamira und am Fluss Xingu, Amazonas
Der Belo-Monte-Staudamm ist der drittgrößte und gleichzeitig umstrittenste Staudamm der Erde und wird als „Monster-Staudamm“ bezeichnet. Die ersten Turbinen wurden am 5. Mai 2016 in Anwesenheit von Staatspräsidentin Dilma Roussef in Betrieb benommen. Große Flächen des Regenwalds sind bereits in Fluten versunken. Ackerland und Dörfer sind von der Flutung betroffen. Tausende von Menschen wurden umgesiedelt. Die Größe der gefluteten Fläche entspricht in etwa der des Bodensees.

Die Insel Arapúja brennt. Betty Beier 2015
Der Fluss Xingu, zählt zu den letzten intakten Flusssystemen in Brasilien. Seine Artenvielfalt wird häufig als atemberaubend beschrieben.
Noch vor der großen Flussschleife des Xingu befindet sich die erste Staumauer. Ab hier verliert der Fluss erheblich an Wasser. In dieser Schleife leben viele indigene Stämme, deren Wasserwege durch Trockenlegung abgeschnitten werden. Der Fluss Xingu und damit die Lebensgrundlage der indigenen Völker werden zerstört.

Belo Monte Staudamm Betty Beier 2014
Der Belo-Monte-Staudamm ist ein Prestigeprojekt der brasilianischen Regierung. Auch europäische Firmen wie Votiv Hydro, Alstom, Andritz und Siemens sind an dem Projekt beteiligt. Weitere Staudämme im Amazonasgebiet sind bereits in Planung. Dem Betreiberkonsortium werden nicht nur Menschenrechtsverletzungen, sondern auch Ethnozid vorgeworfen. Es liegen zahlreiche Beschwerden vor. Selbst Carl Siemens (ein Mitglied der Siemens-Familie) kritisiert die Beteiligung des Unternehmens am Belo-Monte-Projekt. Wissenschaftler befürchten durch die Abholzung des Regenwalds negative Einflüsse auf das gesamte Weltklima.
Das Kraftwerk soll mit seinen zwei Stauseen (668 qkm) ingesamt 11000 Megawatt Strom erzeugen.
Am 18.09.2015 nehme ich mit Hilfe von Amanda und Mitgliedern der Gruppe „Xingo Vivo“ einen Abdruck auf dem Abrissgrundstück von Antonia Melo. Antônia musste letzte Woche ihr Haus räumen. Bis zuletzt hatte sie sich gewehrt. Sämtliche Häuser in der Nachbarschaft waren bereits zerstört.
Nur eine Nachbarsfamilie und sie selbst hatten noch standgehalten. Ihr Haus mit einem wunderschönen Garten fällt diese Woche dem Staudamm zum Opfer. Antônia Melo ist die Koordinatorin der Gruppe „Xingu Vivo Sempre“ und Leitfigur im Kampf gegen den Staudamm am Rio Xingu. Sie veröffentlichte dazu in Facebook (in freier Übersetzung aus dem Brasilianischen): „Mich aus meinen Haus zu vertreiben, ist ein weiterer Versuch, mich zum Schweigen zu bringen. Sie werden alles zerstören, werden aber nie in der Lage sein, mich zum Schweigen zu bringen. Sie lachen und glauben, dass sie mich geschlagen haben. Ich habe Mitleid mit ihnen. Denn sie sind die Verlierer, weil sie, im Gegensatz zu mir, in ihrem Leben noch nie die Ruhe des Geistes erfahren haben. „Frieden“ – wenn man kein Feigling ist. Ich marschiere mit meiner Fahne in der Hand weiter. Was ist mit denen, die an der Regierung sind? Diese Unternehmen wiegen sich in Sicherheit. Es ist ein monströses Verbrechen. Ich werde nie verzeihen. Die Natur wird nicht vergeben. Das ist ein Verbrechen ohne Vergebung. Lula und Dilma sind Verbrecher, sie sind Verräter, Feiglinge.“ (Antonia Melo Da Silva, 16.09.2015)

BÜRGERSCHOLLE „Antônia Melo“ Pflanzenmaterial, Erde, Fundstücke Acryl auf GFK, 100x100x10-20 cm, Betty Beier, (2016) Fundort der Abnahme und Datum: Grundstück von Anatônia Melo, Altamira, Para in Brasilien, 18.09.2015 S 03°12.174, W 052°12.496 Abb. rechts: Ausstellung „Earth Lifting“, Kunstraum LOFT, Ansbach
Die Planung des Staudamms begann vor etwa 40 Jahren und wurde immer wieder aufgrund von Protesten und Einsprüchen verschoben und ausgesetzt.
Foto: Mayra Gahla
23. Juni 2014: Nach einem langen Fußmarsch durch den dunklen Regenwald stoßen Mayra und ich auf eine interessante Bodenfläche. 12 geöffnete Fruchtschalen von Paranüssen liegen zwischen den Stützwurzeln eines Urwaldbaums. Unterhalb des Baums muss wohl eine Gruppe Einheimischer auf den Stützwurzeln gesessen haben, um die gesammelten Paranüsse zu entkernen. Die Paranussbäume wachsen entlang der zahlreichen Amazonasflüsse. Die Paranüsse, die es auch bei uns in Europa zu kaufen gibt, stammen ausschließlich aus Sammlungen im Regenwald, da der Baum nicht kultiviert werden kann.
FAKTEN:
2017 verschwanden 15,8 Mill. Hektar Tropenwälder – das entspricht fast der Hälfte der Fläche Deutschland.
Anhand der Karten von NASA können sie die extremen Veränderungen durch den Belo Monte Staudamm sehen. Die Umleitung und der extreme Wasserverlust in der Flussschleife, aber auch die Rodungen haben extrem zugenommen, sie sehen dies anhand der hellgrünen Flächen.
2020: Laut Kopra sollen in diesem Jahr alle Turbinen in Betrieb gehen.
DIE AUSWIRKUNGEN:
Am 9. November 2020 haben 150 Fischer*Innen, lokale Bewohner*Innen und Indigene die Bundesstraße Transamazonica bei Altamira besetzt. Den Protestierenden zufolge hält sich der Betreiber des Staudamms Norte Energia nicht an die gesetzlich festgelegten Vorgaben für eine entsprechende Wasserstandshöhe in der von dem Staudamm abgeschnittenen Flussschleife “Volta Grande do Xingu” während der Laichzeit zu sorgen. Seit der Inbetriebnahme des Staudamms 2016 wird die Laichzeit nicht beachtet. Zudem ist die Mobilität per Boot durch den extrem niedrigen Wasserstand eingeschränkt. Die Auswirkungen sind katastrophal, die Anwohner*Innen fühlen sich ihrer Lebensgrundlage entzogen.
Comunidades de 5 municípios trancam a Transamazônica por liberação de água no Xingu
Mein Projekt “Spurensicherung im Amazonas” ist noch nicht abgeschlossen.